Innenstädte der Zukunft – Belebt durch Digitalisierung?

Die Zukunft der Innenstädte – und wie wir sie gestalten wollen

Der Wunsch der Deutschen für ihre Innenstädte ist eindeutig: sie sollen als lebendige Innenstadt erhalten bleiben, mit kleinen (und großen) Läden, Cafés, Menschen auf der Straße und vielfältigem Einzelhandelsangebot.

Erwartungen an die Zukunft der Innenstädte
Wenn Sie einmal an die Zukunft der Innenstädte und des Einzelhandels denken: Welche Erwartungen haben Sie? Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Innenstädte?

 

Die Frage ist: Wie werden sich unsere Innenstädte im Zuge der zunehmenden Digitalisierung verändern? Was, wenn immer mehr Menschen online bestellen, statt durch die Innenstadt zu schlendern? Wir haben Konsumenten dazu befragt und ihre Meinung erkundet.

Der traditionelle Handel fürchtet Amazon

Die Sorge ist begründet: Gerade hat Amazon angekündigt, nicht nur Lebensmittel mit Amazon Fresh zu liefern, sondern auch eigene Drogeriemarkt-Produkte in den Markt zu bringen. Ein schöner Beitrag in der Marketing-Fachzeitschrift Horizont listet die „Drei Gründe warum Amazon im Drogeriegeschäft punkten wird“. Eine große Rolle spielt der Vertrauensvorschuss der Marke. Und der ist hoch, wie wir selbst in unserer Trusted Brands- Studie, die wir gemeinsam mit Readers Digest durchführen, ermittelten: Im Jahr 2016 siegte Amazon auch im Feld der Handelsunternehmen als vertrauenswürdigste Marke. (Vielleicht zur Beruhigung: 2017 ging der Pokal wieder an Rewe, auch Edeka überholte. Amazon landete auf Platz 3.). Unser Fazit: Es ist Bewegung in der Handelslandschaft.

Droht das Sterben der Innenstädte?

Tatsächlich sind die Menschen besorgt: Sie fürchten sterbende Innenstädte, weil immer mehr Menschen online einkaufen. Mehr als die Hälfte (53 %) ist der Meinung, dass Online-Händler den stationären Handel bedrohen. Nur jeder Zehnte meint, das sei nicht der Fall.

Sorge um das Sterben der Innenstädte
Onlineanbieter, wie Amazon, bedrohen den stationären Handel

Und so äußern sich die Deutschen auf die Frage, mit welchen Vorteilen Amazon & Co die Existenz des stationären Einzelhandel gefährdet: Online-Shops sind bequem, einfach und günstig, zudem ist die Auswahl sehr groß.

 

Konsumentenstimmen: Warum der Online-Handel den innerstädtischen Einzelhandel bedroht
Konsumentenstimmen: Warum bedrohen Onlineanbieter den innerstädtischen Einzelhandel?

 

Die Fakten zeigen: Online-Handel noch weit vom stationären Handel entfernt

Dabei ist der Anteil des Online-Handels im Vergleich zum traditionellen Handel faktisch noch vergleichsweise gering. Mit etwa 20 % verzeichnen die Kategorien Technik & Medien, Sport & Freizeit sowie Fashion & Lifestyle den größten Online-Anteil am Gesamtumsatz. D.h. jeder 5. Euro geht an einen Online-Händler. Tendenz steigend. In den Forecasts der GfK wird das in diesen Kategorien im Jahr 2025 schon jeder dritte Euro sein.

Anteil Online-Handel am Einzelhandelsumsatz
Anteil Online-Handel am Einzelhandelsumsatz 2014

Aber die Wachstumsprognosen sind gewaltig – In einigen Kategorien

Bei den Drogerieartikeln sieht die Welt ganz anders aus: Die Umsätze mit Drogerie- & Lebensmittelprodukten sind derzeit mit 1,2 % Online-Anteil verschwindend klein. Und glaubt man dem Forecast der GfK für das Jahr 2025 steigt er auf gerade einmal 4,9%.

Prognose Umsatzanteil des Online-Handels 2015
Prognose Umsatzanteil des Online-Handels 2015

 

Welche Services wünscht sich der Kunde?

Die Frage, wie Innenstädte lebendig bleiben, ist bislang weitgehend unbeantwortet. Oftmals wird versucht, die Methoden des Online-Handels zu kopieren und beispielsweise Produkte, die im Laden gekauft werden, nach Hause zu liefern. Dabei ist das für die meisten Kunden nicht entscheidend, nur 30 % finden diesen Service relevant. Ebenso verhält es sich mit der Möglichkeit, online zu bestellen und im Laden abzuholen. Nur jeder Dritte (35 %) unserer Befragten ist von dieser Option angetan.

Produkte online bestellen und im Ladenlokal abholen
Produkte online bestellen und im Ladenlokal abholen

 

Auf regelrechte Ablehnung stößt das Angebot, quasi per Smartphone „verfolgt“ zu werden. Aktuelle Technologien, wie beispielsweise iBeacons erlauben es, Push-Nachrichten zu senden – sofern er die passende, interagierende App installiert hat. Der Benefit: Kunden können so über Sonderangebote informiert werden, sobald sie in die Nähe des Ladens kommen. Eine deutliche Mehrheit von 61 % der Konsumenten lehnt diesen Service jedoch ab.

Persönliche Angebote per Nachricht auf das Handy erhalten, wenn ich mich in der Nähe des Ladens aufhalte
Persönliche Angebote per Nachricht auf das Handy erhalten, wenn ich mich in der Nähe des Ladens aufhalte

Auch futuristische Optionen, wie die 3D-Anprobe von Kleidungsstücken scheint aktuell für die meisten Konsumenten noch schwer vorstellbar. Die Hälfte (49 %) sieht darin keinen persönlichen Nutzen. Nur knapp jeder Fünfte findet eine solche Möglichkeit persönlich relevant.

3D-Anprobe (ich sehe auf einem Bildschirm, wie ein Kleidungsstück an mir aussieht, ohne mich umzuziehen)
3D-Anprobe (ich sehe auf einem Bildschirm, wie ein Kleidungsstück an mir aussieht, ohne mich umzuziehen)

 

Einkaufsverhalten im Wandel – Ein Forschungsprojekt

Das Einkaufsverhalten von Kunden in Innenstädten wandelt sich – und mit ihm verändern sich unsere Städte. Bislang gibt es wenige Maßnahmen zur Rettung der lebendigen Innenstadt. Wir haben uns die Frage gestellt, ob nicht weitergehende Mittel der Digitalisierung dazu dienen können, die Innenstädte zu beleben und deshalb das Forschungsprojekt Smartmarket² aufgelegt. Unsere Version ist, die Innovationspotenziale der Digitalisierung nutzen, um neuartige Mehrwertdienste und Applikationen zur Stärkung des innerstädtischen Handels zu entwickeln. Es soll nachhaltig dazu beitragen, dass Charakter und Profil des städtischen Lebens – bislang maßgeblich durch den Einzelhandel geprägt – erhalten und sogar aufgewertet werden können.

Smartmarket² will die Lebensqualität von Bürgerinnen und Bürgern steigern sowie die Wettbewerbsfähigkeit der urbanen Wirtschaft stärken.

Der Lösungsansatz

Die Methoden des Online-Handels lassen sich nicht unverändert auf den stationären Handel übertragen. Insbesondere kleinen und mittelständischen Einzelhändlern fällt es schwer, eigene Antworten auf die Digitalisierung zu bieten und neuartige Geschäftsmodelle zu entwickeln, die veränderte Kundenbedürfnisse ansprechen. Smartmarket² vereint in den mitwirkenden Modellstädten die Marktbeschicker der Wochen- und Sondermärkte und die kleinen und mittleren stationären Einzelhändler unter dem Ziel, die Vielseitigkeit und Attraktivität der Innenstädte mit Hilfe digitaler Strategien gegenüber dem Online-Handel zu stärken.

Mit digitaler Ko-Produktion bzw. Ko-Kreation des Einkaufserlebnisses in urbanen Räumen wollen wir die Innenstadt vitalisieren und bereichern. Basierend auf dem Standort des Innenstadtbesuchers können Händler beispielsweise über aktuelle Aktionen und Kampagnen informieren – dosiert und nach individuellen Vorgaben des Konsumenten. Der Kunde kann hierbei selbst als Informationsproduzent produktbezogene Informationen wie Bewertungen erstellen und verfügbar machen. Hersteller- und kundengestützt erhobene Informationen bilden die Basis für innovative standortbezogene Dienstleistungen und neue Geschäftsmodelle im innerstädtischen Einzelhandel. Durch Smartmarket² entstehen außerdem neuartige Datenquellen über Kundenverhalten, die Analysepotenziale gleichermaßen für Wissenschaft und Praxis bieten.

Für die Studie wurden im Mai 2017 1.000 Frauen und Männer im Alter von 18-69 Jahren aus Deutschland befragt. Die Studie ist repräsentativ nach Alter und Geschlecht. Weitere Fragen beantworten wir Ihnen gerne.

Dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Programm „Innovationen für die Produktion, Dienstleistung und Arbeit von morgen“ mit 2,15 Mio. Euro gefördert und läuft vom März 2017 bis Februar 2020. Die Maßnahme zielt darauf ab, die Lebensqualität von Bürgerinnen und Bürgern zu steigern sowie die Wettbewerbsfähigkeit der urbanen Wirtschaft zu stärken.

 

Mehr?

Eine Zusammenfassung finden Sie im Projekt-Flyer. Projektinfos im Detail unter: http://smartmarketsquare.de

Fragen?

Wenn Sie jetzt denken “Vielleicht geht das auch mit meiner Fragestellung?”, dann zögern Sie nicht, uns anzusprechen. Wir lieben es, uns dieser Herausforderung zu stellen. Ganz getreu unserem Motto: Dialego – moves your mind 🙂

 

Folge Andera Gadeib:

CEO

Andera Gadeib ist Gründerin und CEO von Dialego. Die Wirtschaftsinformatikerin ist seit vielen Jahren ausgewiesene Expertin in Sachen Digitalisierung. Sie ist unter anderem Mitglied im Beirat für junge digitale Wirtschaft im BMWi und im Vorstand des deutschen IT-Mittelstandes bitmi.

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